Luftangriff vom Bundeswehrdepot
Luftangriff vom Bundeswehrdepot
Im Depot Kappel entzündeten sich Lithium-Batterien - 200 Feuerwehrleute rückten aus - Bevölkerung drohte keine Gefahr
Knapp an einer Katastrophe vorbei ging es in der Nacht zum Montag bei einem Brand im Bundeswehr-Depot Kappel. Lithium-Batterien hatten sich in einer Halle selbst entzündet, und giftige Dämpfe drohten den schlafenden Bewohnern der umliegenden Ortschaften statt der ersehnten lauen Sommerlüfte. Eine Art Luftangriff vom Bundeswehr- Depot.
PETERSWALD-LÖFFELSCHEID. Die Nacht von Sonntag auf Montag ist gegen zwei Uhr für Mensch und Tier im stillen Hunsrück zwischen Blankenrath und Kastellaun vorbei. Sirenen heulen, Blaulichter zucken, Funkgeräte quäken und Kommandos schallen über das Gelände des Bundeswehrdepots Kappel an der L 226 zwischen Blümlingshof und Blankenrath. Der Sommernachthimmel ist von einer schwarzen Qualmwolke verdunkelt, in der sich Feuerschein widerspiegelt. In einer etwa 1000 Quadratmeter großen Halle lodert ein Feuer.
Als die ersten Wehrleute, DRK-Einsatzkräfte und Polizeibeamten am Brandort eintreffen, liegt ein ätzender Geruch in der Luft, der die Atemwege reizt. Plötzlich knallt es.
In der Halle gibt es nacheinander mehrere Detonationen. Der Haupteingang fliegt auf und eine Feuerwalze schießt heraus. Zwei Wehrmänner erleiden Brandverletzungen im Gesicht und an den Händen. Einer kann nach ambulanter Behandlung wieder entlassen werden, sein Kollege wird in das Bundeswehrlazarett nach Koblenz gebracht. Später wird auch bekannt, dass ein Wachmann des Depots ebenfalls Brandverletzungen erlitten hat.
Bekannt wird auch, dass es sich bei der Halle, in der sich die Explosionen ereigneten, um ein Gefahrgutlager handelt. Dort sind auf Paletten vornehmlich Lithium-Batterien und Lithium-Zellen gelagert. Sofort wird noch in der Nacht die Bevölkerung der umliegenden Ortschaften wie Leideneck, Wüschheim Bell und Kappel gewarnt, Türen und Fenster geschlossen zu halten wegen möglicher giftiger Dämpfe, die sich ausbreiten.
Die Hunsrückhöhenstraße wird in Kastellaun und in Höhe des Flughafens Hahn gesperrt und der Verkehr um den Brandort großräumig umgeleitet.
Inzwischen sind immer mehr Feuerwehren aus der ganzen Region, aus Kastellaun und Simmern, aus Blankenrath, Alrstrimmig und Argenthal, Kirchberg und Rheinböllen eingetroffen. Von der Mosel rücken die Wehren aus Zell, Alf und Cochem an und sogar aus Lutzerath in der Eifel wird ein Spezialmesstrupp hinzugezogen. Das DRK schickt schnelle Eingreifgruppen und den Notarzt zum Einsatzort. Mehr als 200 Einsatzkräfte sind schließlich vor Ort.
Messtrupps der Feuerwehr kontrollieren ununterbrochen die Luft bis in die frühen Morgenstunden. Dann kommt die vorläufige Entwarnung: Keine Gefahr für die Bevölkerung. Noch rechtzeitig bevor der Berufsverkehr einsetzt, können die Straßensperrungen aufgehoben werden. Die ersten Feuerwehren können wieder abrücken.
Zurück bleiben aber die Trupps mit schwerem Atemschutz, denn nur damit kann man sich nach wie vor näher an den Brandort heranwagen. Das Feuer in der Halle hat man inzwischen mit Löschpulver erstickt und die giftige Brandstelle mit Zement zugeschüttet. Ein Löschangriff mit Wasser wäre zu gefährlich gewesen, wegen chemischer Reaktionen, die zusätzlich giftige Dämpfe freigesetzt hätten.
Die genaue Brandursache konnte gestern noch nicht ermittelt werden. Auch die Schadenshöhe konnte noch nicht beziffert werden. Die Ermittlungen werden in den nächsten Tagen fortgesetzt. Bert Baden
RZ Mittelmosel vom Dienstag, 11. Juni 2002, Seite 23 (0 Views)